Liebe Gemeinde, am 06. Januar feiert die westliche Kirche traditionell das Epiphaniasfest. Obwohl feiern vielleicht etwas vollmundig klingt, denn der Epiphanias-Tag gehört zu den Festtagen, die bei uns Evangelischen fast in Vergessenheit geraten sind. Auch ist Epiphanias ein kaum gebräuchlicher Name, bekannter ist dieser Tag als Dreikönigstag.
Nach all den Jahresrückblicken und Ausblicken am Altjahrsabend und am Neujahrstag kehren wir mit der Geschichte von den drei Königen (oder Weisen) noch einmal zur Weihnachtsgeschichte zurück.
Der Evangelist Lukas erzählt seine Weihnachtsgeschichte mit Engeln und Hirten und betont, dass Jesus Mensch wird und sich in seiner eigenen Armut besonders den Armen und Außenseitern der Gesellschaft zuwendet. Dieses Motiv zieht sich durch sein gesamte Evangelium. Die heiligen drei Könige finden bei ihm keine Erwähnung.
Anders bei Matthäus. Matthäus (Kap. 2, 1-12) möchte zeigen, dass die Geburt Jesu im engen Zusammenhang zu den Verheißungen des Alten Testaments steht, ja, dass sie deren Erfüllung ist. Und nur bei Matthäus hören wir von den drei Weisen, also Sterndeutern oder Magiern – so das griechische Wort im Urtext.
Die drei haben einen Stern, ein ganz besonderes Himmelsereignis gesehen, das auf die Geburt eines Königs hinweist. Astrologen damals wie heute versuchen, aus Sternen die Zukunft zu deuten und vermutlich war es damals üblich, dass zur Geburt eines Königs oder zu seiner Krönung Besucher aus benachbarten Ländern anreisen. Die Weisen tun also, was naheliegt: sie machen sich auf den Weg und suchen den Landesherrscher auf, da sie dort den neugeborenen König der Juden erwarten.
Jesus wird im Matthäusevangelium übrigens zweimal König der Juden genannt: bei seiner Geburt von den Weisen, und bei der Kreuzigung von Pilatus, der diese Aufschrift als Vergehen Jesu über seinem Kreuz anbringen lässt.
Zurück zur Geschichte: Matthäus macht es spannend, bei ihm kommt neben den drei Magiern noch ein Bösewicht ins Spiel: Der hinterhältige König; der wittert Konkurrenz, und nachdem er sich bei seinen Gelehrten versichert hat, dass da etwas dran ist an dieser Geschichte, ersinnt er einen finstern Plan: Die ahnungslosen Weisen sollen das Kind für ihn finden, damit er es anschließend aus dem Weg räumen kann.
Aber Gott schützt seinen Sohn. Er erscheint den Weisen im Traum und trägt ihnen auf, nicht zu Herodes zurückzukehren. Und so geschieht es, und das Kind bleibt verschont.
Wie in der Weihnachtsgeschichte des Lukas, weisen auch bei Matthäus Symbole auf den Kern der Geschichte hin. Und wie Lukas, möchte auch Matthäus nicht einfach eine Geschichte schreiben, sondern zum Ausdruck bringen, was für ihn die Geburt Jesu bedeutet. Das erste Symbol, das er dazu verwendet, ist der Stern:
Da machen sich drei Fremde auf den Weg und folgen einem Stern.
Der Stern ist ein Symbol für Christus: Wie der Morgenstern den Morgen verheißt, so verheißt die Geburt Jesu das Heil. Ein himmlisches Zeichen weist auf das königliche Kind und die drei Weisen werden folge dessen in der Tradition zu Königen,
und stehen für die Völker der Heiden, denen im Alten Testament verheißen wird,
dass auch sie einen Platz in Gottes Heilsplan haben sollen.
Jesus ist nicht nur zum eigenen Volk gekommen, sondern zu allen Menschen.
Dass einer der Könige schwarz ist und einer ein alter Mann, hängt damit zusammen, dass sie mit den damals bekannten Kontinenten identifiziert wurden: Asien, Europa und Afrika. Oder sie stehen für drei Lebensalter: Ein junger, einer in den mittleren Jahren und ein alter Mann. Das bedeutet: Jesus ist der Heiland für die ganze Welt - und für jeden Menschen, ob jung oder alt.
Das zweite Symbol ist der Weg der drei Weisen. Die drei Weisen oder Könige machen sich auf den Weg und lassen sich dabei von den Zeichen des Himmels leiten: Wenn wir Christus begegnen wollen, dann müssen wir unserer Sehnsucht folgen, uns auf den Weg machen und den Zeichen des Himmels vertrauen.
Wer auf Neues hofft, muss bereit sein für Aufbrüche, muss auch bereit sein für eine manchmal beschwerliche Suche und manchen Irrweg. Aber im Vertrauen auf Gott führt der Weg schließlich ans Ziel.
Und ein drittes Symbol sind die Geschenke der Weisen. Sie bringen Gaben, um dem Kind ihre Ehrerbietung zu erweisen. Gold weist auf Jesus als den König hin.
Der Weihrauch ist die klassische Opfergabe. Er wird Gott als eine Art Brandopfer dargebracht. Dabei steigt sein Rauch zum Himmel und weist auf die unsichtbare Welt Gottes hin. Als Gabe der Weisen soll der Weihrauch deutlich machen, dass Jesus göttlichen Ursprungs ist.
Die Myrrhe, ein Heilmittel des Altertums, steht für den Menschen und sein Wohl. Jesus wird sich den Menschen zuwenden, Kranke heilen und Tod und Schmerz über-winden. Diese Symbole weisen darauf hin, was für Matthäus die Geburt Jesu bedeutet.
In unseren Weihnachtskrippen haben die Hirten des Lukas und die Könige des Matthäus dann zu einer fröhlichen Harmonie gefunden. Und beide sind in der Tat zwei sich ergänzende Auslegungen der einen Weihnachtsbotschaft:
Lukas legt den Akzent darauf, dass Gott Mensch wird. Ein Kind, das in die Armut und Kälte der Welt hineingeboren wird, um Gerechtigkeit zu schaffen.
Das ist der Teil der Weihnachtsgeschichte, der leichter zu begreifen ist.
Schwieriger ist jedoch, dass das Kind in der Krippe auch Gott ist – und darauf weist Matthäus hin: Die Könige kommen nicht, um ein Kind zu sehen. Nein, sie kommen, weil sich in diesem Kind die Herrlichkeit Gottes zeigt.
Deshalb heißt dieser Tag auch Epiphanias: Erscheinung (der Herrlichkeit Gottes).
Liebe Leserinnen und Leser, auch wir müssen uns - wie die Weisen - immer wieder auf die Suche nach der Herrlichkeit Gottes machen, und wo sie in dieser Welt sichtbar wird. Denn das Wunder von Weihnachten ist mehr als die Familienidylle im Stall.
Damals wie heute stehen jedoch der Botschaft vom Frieden Gottes, der in Jesus Christus erscheint, die Mächtigen der Welt entgegen.
Die Intrigen des Herodes werden auch heute noch gesponnen (man braucht nur in die Zeitungen zu schauen). Aber über allem geht der Stern der Hoffnung auf.
Die Botschaft dieser Weihnachtserzählung des Matthäus also ist: Der König der Welt beginnt sein Reich aufzurichten, auch wenn es jetzt noch klein und unscheinbar anmuten mag – wie ein kleines Kind.
Aber wenn wir dem Stern folgen und uns auf dem Weg zum Kind in der Krippe machen, werden wir in ihm Gott erkennen.