Monatsandacht

Nachricht Ockenhausen, 30. Mai 2020

Der Gott der Wüste

Liebe Leserinnen und Leser, wir leben in schweren Zeiten. Zeiten, die wir gerne umgehen würden, die uns das Schicksal aber zumutet. Allzu gerne meiden wir Menschen Zeiten der Ungewissheit, des Wartens und des Leids. Dabei offenbart sich Gott mitunter gerade dann am deutlichsten.

Faszinierende Landschaften, bizarre Felsformationen und das einzigartige Spiel von Licht und Schatten: Die Wüste ist für viele Menschen ein lohnendes Reiseziel. Sich freiwillig und gut geplant auf eine Reise in die Wüste aufzumachen, kann eine sehr beglückende Erfahrung sein.

Ganz anders dagegen erleben wir Wüstenzeiten, die plötzlich und schmerzhaft über unser Leben hereinbrechen – wie die aktuelle Corona-Krise. In diesen Zeiten der Krise wird die Wüste zum Ort der Versuchung, des Fragens, des Zweifelns und des Klagens. Und doch - gerade die Wüste kann ein Ort sein, wo wir Gott auf einzigartige Weise erfahren. Ein Ort, an dem Gott mir etwas zeigen will. Manche Erfahrungen sind nur in der Wüste möglich. Z.B. die Erfahrung, dass Glaube an Gott tatsächlich trägt. Zugegeben: Ähnlich wie die Israeliten ihr tägliches Manna, bekommen auch wir Kraft oder Zuversicht nur für den täglichen Bedarf. Kraft und Zuversicht gibt es nicht auf Vorrat.

Wüstenzeiten sind Zeiten, in denen ich Gott auf eine sehr intensive Weise neu kennenlerne. Es ist nicht der Gott aus den Erzählungen anderer, nicht der Gott aus christlichen Ratgeberbüchern, nicht der Gott aus zweiter Hand, sondern der Gott aus erster Hand – nämlich meine Hand an seiner Hand.

Die Wüste ist kein Ort des Bleibens, eher des Durchquerens. Und sicher ist die Wüste nicht das endgültige Ziel Gottes für mein Leben. Auch werden wir nicht für jede Wüstenzeit rückblickend dankbar sein. Es gibt Abschnitte in unserem Leben, die bis zum Ende unseres Lebens mehr Fragen als Antworten und mehr Schmerz als Freude hinterlassen.

Dennoch kann die Wüste - als eine Station im Leben - zu einem Ort einmaliger Gotteserfahrungen werden. So gesehen kann selbst eine ungeplante und schmerzhafte Wüstenzeit im Rückblick zu einer segensreichen, zumindest lebensbereichernden Erfahrung werden. Kann …

Liebe Leserinnen und Leser, das wünsche ich Ihnen von Herzen, dass sie – rückblickend – das über diese Zeit der Corona-Krise einmal sagen können: Ich habe in dieser Zeit Gott noch einmal ganz neu erfahren, und aus dem Glaube an IHN habe ich Kraft geschöpft, diese Zeit durchzustehen.

 

Bleiben Sie behütet, Ihr Pastor Pregitzer.